Investmentabenteuer in den Emerging Markets

Ein neuer Weg in die Zukunft für Nigeria?

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Vor ein paar Jahren beurteilten viele Anleger Nigeria optimistisch. Der Aktienmarkt boomte, beflügelt durch kräftiges Wirtschaftswachstum und staatliche Reformen für Verbesserungen im Land. 2014 trübte sich die Stimmung jedoch im Zuge einer Reihe unglücklicher Ereignisse: Terroranschläge von Boko Haram, Ebola-Ausbruch und der Preisverfall beim Öl, das Haupteinnahmequelle der Regierung ist und große Auswirkungen auf die Wirtschaft hat. Trotz dieser Probleme bleiben wir aus verschiedenen Gründen langfristig in Nigeria engagiert. Das Land ist nicht nur Afrikas größte Volkswirtschaft und ein maßgeblicher Absatzmarkt, sondern es bestätigte durch den Ausgang der Präsidentenwahl vom März, dass seine Bürger bereit sind für einen Wandel – hoffentlich zum Besseren.

Etwas verzögert fanden die Präsidentschaftswahlen in Nigeria im März unter relativ friedlichen Bedingungen statt. Nach einem ausgesprochen aktiven und lauten Wahlkampf belegte das Ergebnis, dass Amtsinhaber Goodluck Jonathan der Verlierer war. Er räumte seine Niederlage gegenüber dem ehemaligen Militärführer Muhammadu Buhari ein. Buhari engagiert sich nach eigener Aussage für Demokratie und einen neuen Weg in die Zukunft für Nigeria. Oberste Priorität dürfte für ihn meiner Ansicht aber die Wiederherstellung der Stabilität im Land haben. Dass er demokratisch gewählt wurde und schon 2003, 2007 und 2011 erfolglos angetreten war, lässt vermuten, dass er demokratischen Prozessen eher zugeneigt ist. Was weiter passiert, können wir natürlich nicht wissen. Wir dürfen nicht vergessen, dass er einen militärischen Hintergrund hat und an einem Militärputsch beteiligt war, der ihm 1983 kurzfristig zur Präsidentschaft verhalf. Seine militärische Erfahrung sollte ihm unserer Ansicht nach helfen, Terrorismus und Korruption in Nigeria zu bekämpfen. In dieser Hinsicht ist das Wahlergebnis offenbar positiv.

Mich hat der Wahlausgang nicht überrascht, denn es war klar, dass die Bevölkerung mit der aktuellen Lage im Land allgemein unzufrieden ist. Nigerias Aktienmarkt nahm das Wahlergebnis unmittelbar nach seiner Bekanntgabe positiv auf. Das spricht dafür, dass viele Investoren jetzt neue Hoffnung auf eine mögliche Veränderung zum Besseren haben.

Nigeria wartet eindeutig mit einer überzeugenden Wachstumsstory auf, war in letzter Zeit allerdings mit verschiedenen Problemen konfrontiert. Zu den größten Herausforderungen zählt aktuell eine neues, von niedrigeren Ölpreisen geprägtes Umfeld. Das bedeutet, die Regierung dürfte Probleme bei der Entwicklungsfinanzierung bekommen und muss neue Einnahmequellen auftun. Hoffentlich führt das zu dringend nötigen Reformen und zu einem harten Vorgehen gehen Korruption, um solche Einnahmen zu erschließen. (Im letzten Jahr forschte der Zentralbankchef nach, weil auf den Konten der staatlichen Ölgesellschaft 20 Mrd. US-Dollar fehlten.) Während niedrigere Ölpreise die Haushaltslage und die Devisenreserven Nigerias beeinträchtigen, liegt die Verschuldungsquote des Landes lediglich bei 13%.[1] Geplante Ausgabenkürzungen und Initiativen zur Erhöhung der Steuereinnahmen im Haushalt für 2015 sollten bedeuten, dass die Regierung in diesem Jahr eher keine größeren Finanzierungsprobleme bekommt. Der Öl- und Gassektor ist zwar wichtig für die Wirtschaft – immerhin stellt er den größten Teil der Staatseinnahmen –, entspricht aber de facto weniger als 15% des nigerianischen Gesamt-BIP.[2] Dessen ungeachtet hat der Ölpreisrückgang die Regierung veranlasst, ihre BIP-Wachstumsprognose für 2015 auf 5,5% zurückzusetzen (von 2014 geschätzten 6,23%). Damit wirkt das BIP-Wachstum fürs laufende Jahr nach wie vor hoch.[3]

Nigeria ist ein großes Land. Angesichts der Privatisierungs- und staatlichen Reformbestrebungen sehe ich gute Chancen für kräftiges künftiges Wachstum, auch wenn sich die Ölpreise vom aktuellen Niveau nicht wesentlich erholen.

Es bestehen zwar erhebliche Herausforderungen für die Zukunft, doch unseres Erachtens überwiegen die positiven Faktoren, und der Zeitpunkt für eine Anlage in Nigeria ist günstig – vorausgesetzt wir sind geduldig und wählerisch. Besonders interessieren wir uns für Chancen außerhalb des Energiesektors bei Konsumprodukten, aber auch im Finanzdienstleistungssektor. Im letzten Jahr hat sich der nigerianische Finanzsektor nicht gut entwickelt, was vor allem Sorgen um die Suspendierung des Zentralbankchefs (nachdem er Goodluck Jonathan auf die erwähnten abgängigen Mittel hingewiesen hatte) und sozialen Fragen geschuldet war. Wir gehen nicht davon aus, dass die neue Regierung in die Unabhängigkeit der Zentralbank eingreift. Der neu ernannte Notenbankchef hat einen soliden fachlichen Hintergrund. Außerdem arbeitet er bereits seit vielen Jahren für die Zentralbank. Die jüngsten Zentralbankmaßnahmen zur Liquiditätsverknappung halten wir für befristete Aktionen zur Dämpfung des Inflationsdrucks. Außerdem dürften diese Entwicklungen die langfristigen Fundamentaldaten und den positiven Ausblick für die Banken unserer Ansicht nach nicht verändern. Die Nigerianer sind mit Bankdienstleistungen im Vergleich zu anderen Schwellen- und zu Industrieländern unterversorgt. Starke heimische Institute dürften vom langfristigen Wirtschaftswachstum am meisten profitieren.

Die langfristigen fundamentalen Argumente für Nigeria überzeugen uns aus mehreren Gründen:

• Nigeria kann mit einer der wachstumsstärksten Volkswirtschaften der Welt aufwarten. Das BIP wächst seit 2003 jedes Jahr um mehr als 6%.[4]

• Mit über 170 Millionen Bürgern ist Nigeria nach Bevölkerungszahl das größte Land Afrikas und zählt auch weltweit zu den zehn bevölkerungsreichsten Nationen. Hinzu kommt, dass die Bevölkerung relativ jung ist, mit einem Altersmedian von reichlich 18 Jahren.[5]

• Unbedingt zu berücksichtigen ist, dass Nigeria mehr als 100 verschiedene Rohstoffe außer Öl sowie eine breite Palette von Fertig- oder Halbfertigerzeugnissen in Länder der ganzen Welt exportiert.[6] Öl bleibt zwar wichtigster Exportartikel, doch wir erkennen auch außerhalb des Energiesektors viele potenzielle Chancen.

Unserer Ansicht nach könnten Initiativen zur Privatisierung und zu Investitionen in Bereichen wie Bergbau, Landwirtschaft, Finanzen und Produktion zur Abkehr des Landes von der Ölabhängigkeit längerfristig Früchte tragen. Nigeria profitiert von einer großen Bandbreite potenzieller Wachstumstreiber. So könnte außerhalb Nigerias weitgehend unbekannt sein, dass die nigerianische Filmindustrie, „Nollywood“, jedes Jahr fast 600 Mio. US-Dollar erwirtschaftet und über eine Million Menschen beschäftigt.[7] Ein Umfeld mit niedrigeren Ölpreisen könnte zwar eine kurzfristige Nagelprobe darstellen, doch die größte langfristige Herausforderung für Nigeria ist womöglich der Aufbau einer Regierungsführung, die auf wirtschaftliche Entwicklung und auf die Nutzung der Ressourcen des Landes zum Ausbau der Infrastruktur ausgerichtet ist: Straßen, Schienen, Strom, Kanalisation, Wasser, etc. Nach unserer Überzeugung könnte das die Grundlage für das Wachstum junger Unternehmen bilden und mehr Arbeitsplätze schaffen.

Unserer Ansicht nach gehört Nigeria nach wie vor zu den attraktivsten Anlagezielen unter den Grenzmärkten. Wir hoffen, dass seine neue Regierung den Weg in eine rosigere Zukunft ebnet.

Wichtige Hinweise:

Die Kommentare, Meinungen und Analysen von Dr. Mobius dienen ausschließlich zu Informationszwecken. Sie dürfen nicht als eine individuelle Anlageberatung oder Empfehlung, in ein Wertpapier zu investieren oder eine bestimmte Anlagestrategie zu verfolgen, aufgefasst werden. Da sich Markt- und Konjunkturbedingungen schnell verändern können, gelten Kommentare, Meinungen und Analysen nur für den Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrags. Sie können sich ohne Ankündigung ändern. Dieses Material soll keine vollständige Analyse aller wesentlichen Fakten in Bezug auf ein Land, eine Region, einen Markt, eine Branche, eine Anlage oder Strategie darstellen. 

Alle Anlagen sind mit Risiken behaftet, inklusive des möglichen Verlusts der Anlagesumme. Ausländische Wertpapiere bringen spezielle Risiken mit sich, darunter Wechselkursschwankungen, wirtschaftliche und politische Ungewissheit. Anlagen in Schwellenländern sind mit erhöhten Risiken in Bezug auf dieselben Faktoren verbunden. Hinzu kommen die durch ihre kleinere Größe, ihre geringere Liquidität und den nicht so fest gefügten rechtlichen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmen zur Stützung der Wertpapiermärkte bedingten Gefahren. 


[1] Quelle: Internationaler Währungsfonds, „IMF Executive Board Concludes 2014 Article IV Consultation with Nigeria”, Pressemitteilung vom März 2015. (Die Zahl basiert auf Daten von 2013.)

[2] Quellen: Weltbank, Daten von 2012; Internationaler Währungsfonds, Daten von 2014.

[3] Quelle: Nationales Statistikamt, Nigeria, Januar 2015. Es gibt keine Garantie dafür, dass sich eine Schätzung oder Prognose bewahrheitet.

[4] Quelle: Weltbank, BIP-Wachstum (jährlich in %), Weltentwicklungsindikatoren.

[5] Quelle: CIA World Factbook, Schätzungen von 2014.

[6] Quelle: Nigerian Export Promotion Council.

[7] Quelle: United Nations Africa Renewal, „Nigeria’s Film Industry: a Potential Gold Mine?” Mai 2013.

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