Dieses Posting steht Ihnen in den folgenden Sprachen zur Verfügung: Englisch, Vereinfachtes Chinesisch, Französisch, Italienisch, Spanisch
Die Meinungen der Anleger zu den Schwellenländern ändern sich mit der Veränderung der Schwellenländer selbst. Wir bei Templeton Emerging Markets Group legen Wert auf die Feststellung, dass die Schwellenländer nicht als einheitliche Anlageklasse betrachtet werden können; die Chancen sind aufgrund der jeweils unterschiedlichen Fundamentaldaten zwischen Regionen, Ländern und Märkten sehr unterschiedlich. In diesem Beitrag beschreibt Stephen Dover, Managing Director, Chief Investment Officer, Templeton Emerging Markets Group und Franklin Local Asset Management, seine Sicht dessen, wie die Schwellenländer sich im Laufe der Zeit verändert haben, was er den Anlegern rät und wo er künftig mögliche Chancen sieht.

Stephen H. Dover, CFA
Managing Director
Chief Investment Officer
Templeton Emerging Markets Group und Franklin Local Asset Management
Ich halte die Bezeichnung „Schwellenländer“ für zutreffend, denn sie stehen an einer Schwelle und haben sich im Laufe der Zeit verändert. Einhergehend mit diesen Veränderungen sollten auch die Anleger ihre Ansichten über die Anlageklasse und ihre Anlagestrategien verändern.
Ein Beispiel für eine Veränderung ist die Marktkapitalisierung. Im Jahr 1988, als der MSCI Emerging Markets Index erstmals aufgelegt wurde, machten zwei der zehn Länder im Index – Malaysia und Brasilien – alleine mehr als die Hälfte der Marktkapitalisierung des Index aus.[1] Seinerzeit betrug die gesamte Marktkapitalisierung des Index rund 35 Mrd. US-Dollar, was weniger als 1% der weltweiten Börsenkapitalisierung entsprach.[2]
Im Jahr 2016 waren 23 Länder im Index enthalten, und die Marktkapitalisierung war auf 4 Billionen US-Dollar gestiegen. Dies entsprach rund 10% der weltweiten Marktkapitalisierung.[3] Der Länder-Mix im Index hat sich im Laufe der Zeit ebenfalls verändert. Betrachtet man die Gewichtungen einzelner Länder, so macht Indien mittlerweile 8% des MSCI Emerging Markets Index aus, und China – das 1998 noch gar nicht enthalten war – hat im Index heute eine Gewichtung von fast 27%. Hingegen ist der Anteil Brasiliens mit nur noch 8% heute viel geringer.[4]
Die Kriterien, was ein Schwellenland ausmacht, haben sich im Laufe der Zeit ebenfalls erheblich verändert, die Verhältnisse in den Schwellenländern sind jedoch nicht immer ganz klar.
Südkorea ist in dieser Hinsicht ein viel diskutiertes Thema. MSCI führt Südkorea in der Kategorie der Schwellenländer, während ein anderer Index-Anbieter, FTSE Russell, das Land als Industrieland betrachtet. Dieser Aspekt ist ziemlich wichtig, denn die Einstufung eines Landes in eine Kategorie und sein Prozentanteil an den Indizes dienen vielen Anlegern als Anhaltspunkt bei der Positionierung ihrer Portfolios. Im Laufe der Zeit erlangten und verloren Länder immer wieder den Status als Schwellenland. 2013 änderte MSCI beispielsweise den Status Griechenlands als Industrieland auf den Status eines Schwellenlandes und 2016 gab MSCI bekannt, dass Pakistan in diesem Jahr vom Status als Grenzmarkt auf den Status eines Schwellenlandes heraufgesetzt wird.[5]
Es läuft tatsächlich darauf hinaus, wie man „Schwellenland“ definiert, und es herrscht bezüglich der genauen Kriterien Uneinigkeit. MSCI und FTSE haben ihre eigenen Kriterien für die Aufnahme in einen bestimmten Index, einschließlich ausdrücklicher Anforderungen im Hinblick auf Marktgröße und Liquidität, auf die Offenheit eines Landes für ausländische Beteiligungen, auf Devisen und sonstige Aspekte.
Würde man den Standards der Weltbank folgen, um anhand des Kriteriums „hohes Einkommen“ den Status eines Landes als Industrieland zu bestimmen, wären Komponenten das Ergebnis, die sich sehr stark von jenen der Index-Anbieter unterscheiden würden. So hat beispielsweise Katar ein höheres Pro-Kopf-Einkommen als Australien, Dänemark und die USA.[6]
Allerdings sind wir bei Templeton Emerging Markets Group aktive Verwalter und nicht auf eine bestimmte Benchmark-Klassifizierung oder Index-Gewichtung beschränkt, wenn wir unsere Anlageentscheidungen treffen. Wir verfolgen einen Bottom-up-Ansatz und konzentrieren uns auf die Fundamentaldaten, die wir bei einzelnen Unternehmen vorfinden. Wir können sogar in ein Unternehmen investieren, das in einem als Industrieland geltenden Land ansässig ist, sofern es den Hauptteil seiner Gewinne in Schwellenländern erzielt.
Schwellenländer: ein größeres Stück vom weltweiten Kuchen
Obwohl die Schwellenländer gegenwärtig mindestens 10% der weltweiten Börsenkapitalisierung darstellen (auf Basis von MSCI-Indizes), stellen wir in unseren Gesprächen mit Anlegern immer wieder fest, dass die meisten einen geringeren Prozentanteil ihrer Portfolios in Schwellenländern angelegt haben. Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass der Wert von 10% sich auf die traditionellen Indizes von MSCI bezieht; andere Kennzahlen der Schwellenländerkapitalisierung weisen für die Schwellenländer allgemein einen noch höheren Prozentanteil aus.
Ebenso haben wir festgestellt, dass viele Anleger trotz der immer weiter zunehmenden Globalisierung nach wie vor einen „Heimat“-Ansatz verfolgen und ausschließlich innerhalb ihres eigenen Herkunftslandes anlegen, auch wenn die Märkte anderenorts vielversprechender erscheinen. Im Bereich Schwellenländer sehen wir Spielraum für Wachstum und eine sehr gute Möglichkeit zur Diversifizierung, die viele Anleger nicht einmal in Betracht ziehen. Überdies sehen wir viele Möglichkeiten innerhalb der Grenzmärkte, von denen viele nicht einmal in den globalen Indizes enthalten sind. Diese Märkte stellen eine kleinere Untergruppe von Schwellenländern dar, die noch weniger entwickelt sind. Hierzu gehören die meisten Länder Afrikas.
Bei der Betrachtung anderer Kennzahlen können wir sehen, wie wichtig Schwellenländer für die Weltwirtschaft sind. Mittlerweile repräsentieren Schwellenländer gemessen in Nominalwerten fast 50% des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) (fast 60%, wenn man die Kaufkraftparität verwendet) und sind für 80% des weltweiten BIP-Wachstums verantwortlich.[7]
Wandel der Wirtschaft
Die Schwellenländer erlebten auch einen Strukturwandel. In den vergangenen drei Jahrzehnten erreichten die Schwellenländer ihr phänomenales Wachstum weitgehend durch Exporte, und für viele Anleger waren diese Märkte gleichbedeutend mit Rohstoffen. Auch wenn viele Schwellenländer nach wie vor von Exporten abhängig sind, unterliegen diese Volkswirtschaften einem grundlegenden Wandel. Im Jahr 2008 machten Aktien aus den Bereichen Rohstoffe und Materialien 50% der Komponenten des MSCI Emerging Markets Index aus. Mittlerweile sind nur noch rund 15% der Aktien im Index aus dieser Kategorie. Wirklich interessant erscheint uns, dass durch diesen Wandel viel mehr Anlagegelegenheiten in den Sektoren Konsum und Dienstleistungen eröffnet werden.
Viele Anleger scheinen nicht zu verstehen, dass einige sehr fortschrittliche Informationstechnologie-Unternehmen ihren Sitz in Schwellenländern haben. 2008 hatten Unternehmen aus dem Bereich Informationstechnologie (IT) einen Anteil von rund 7% am MSCI Emerging Markets Index, und mittlerweile liegt der Anteil des Sektors am Index bei 24%. Tatsächlich sind nach Gewichtung die vier größten Komponenten IT-Unternehmen. Konsumtitel/Konsumorientierte Werte hatten 2008 im Index einen Anteil von 7%; mittlerweile beträgt ihre Gewichtung 17%. Demnach ist die Aussage, Schwellenländer seien ein reines Rohstoff-Thema, wirklich nicht mehr zutreffend, auch wenn viele Akteure nach wie vor der Ansicht sind, dass sie den Launen der Rohstoffpreise unterliegen.
Die bei vielen Schwellenländerwährungen zu beobachtende Schwäche stützt nach unserer Ansicht ebenfalls unsere Argumente für derartige Anlagen. Der US-Dollar steht auf einem 15-Jahreshoch, und einige Meinungen rechnen mit einer weiteren Aufwertung, da die US-Notenbank die Zinssätze mit steigender Inflation weiter anheben dürfte. Nach unserer Ansicht sind die Schwellenländerwährungen ziemlich schwach, und dies in einigen Fällen ohne triftigen Grund. Wir sehen dies als stützenden Faktor. Mexiko, Argentinien, Kolumbien, Indonesien und Malaysia sind alle Beispiele für Länder, deren Währungen auf vermeintlich notleidenden Niveaus notieren und die so bewertet sind, als steckten diese Länder in einer tiefen Krise. Die Fundamentaldaten sprechen eine andere Sprache. Nach unserer Ansicht sind die Fundamentaldaten in diesen Ländern viel besser, als es die Wechselkurse widerspiegeln.
Überdies könnte die Inflation in vielen Schwellenländern scheinbar sinken, darunter Brasilien, Russland, Kolumbien und Nigeria, und dies gibt ihren Zentralbanken die Möglichkeit, eine lockerere Geldpolitik zu betreiben, was die lokalen Aktienmärkte beflügeln könnte.
Weitere Gründe für unsere Zuversicht
Trotz einer gewissen Unsicherheit erkennen wir für 2017 Chancen in den Schwellenländern und wir sind zuversichtlich, dass viele Anleger durch höheres Engagement in diesen Ländern Wert erzielen werden. Es wird mit einem höheren BIP-Wachstum als in den Industrieländern gerechnet, und der Internationale Währungsfonds prognostiziert für dieses Jahr ein Wachstum von 4,5% in den Schwellen- und Entwicklungsländern gegenüber 1,9% in den Industrieländern.[8] Wir sehen Belege dafür, dass die Schwellenländer die Industrieländer auch beim Gewinnwachstum übertreffen könnten. Die Schwellenländer sind im Hinblick auf das Gewinnwachstum Nachzügler, doch 2016 schnitten sie hier erstmals seit mehr als fünf Jahren besser ab als die Industrieländer. Wir glauben, dass es für die Schwellenländer nach wie vor noch recht großen Spielraum für eine Aufholjagd gibt.
Darüber hinaus herrscht in den USA nahezu Vollbeschäftigung, und die Administration von Präsident Donald Trump hat einige politische Maßnahmen angekündigt, die das Wirtschaftswachstum anzukurbeln scheinen, darunter mögliche Steuersenkungen und Staatsausgaben. In der Vergangenheit war eine robuste US-Konjunktur in der Regel positiv für die Schwellenländer. Auch wenn wir beim Handel einen geringfügigen Rückgang erkennen, dürfte eine Expansion der Weltwirtschaft für die Schwellenländer hilfreich sein. Und wie oben bereits festgestellt, dürften Schwellenländer, die eher binnenwirtschaftlich ausgerichtet sind, gegen globale Erschütterungen in anderen Märkten besser geschützt sein.
Die Schwellenländer überschreiten in der Tat eine Schwelle, und wir erkennen für das Jahr 2017 zahlreiche Gelegenheiten.
Wollen Sie mehr über die Chancen in den Schwellenländern erfahren, sollten Sie den neuen Schwellenländer-Podcast unseres Teams kennenlernen.
CFA® und Chartered Financial Analyst® sind Marken des CFA Institute.
Die Kommentare, Meinungen und Analysen von Stephen Dover und Mark Mobius dienen nur zu Informationszwecken und sind nicht als persönliche Anlageberatung oder Empfehlung für bestimmte Wertpapiere oder Anlagestrategien anzusehen. Da die Märkte und die wirtschaftlichen Bedingungen schnellen Änderungen unterworfen sind, beziehen sich Kommentare, Meinungen und Analysen auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung und können sich ohne Ankündigung ändern. Dieses Dokument ist nicht als vollständige Analyse aller wesentlichen Fakten in Bezug auf ein Land, eine Region, einen Markt, eine Anlage oder eine Strategie gedacht.
Wichtige Hinweise
Alle Anlagen beinhalten Risiken, auch den möglichen Verlust der Kapitalsumme. Anlagen in ausländischen Wertpapieren sind mit besonderen Risiken behaftet, darunter Währungsschwankungen sowie ungewisse wirtschaftliche und politische Entwicklungen. Anlagen in Schwellenländern, zu denen als Untergruppe auch die Grenzmärkte gehören, sind mit erhöhten Risiken in Bezug auf dieselben Faktoren verbunden. Hinzu kommen die durch ihre kleinere Größe, ihre geringere Liquidität und die nicht so fest gefügten rechtlichen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen zur Stützung der Wertpapiermärkte bedingten Gefahren. Da diese Rahmenbedingungen in Grenzländern in der Regel noch geringer ausgeprägt sind und diverse Faktoren vorliegen, wie gesteigertes Potenzial für extreme Preisschwankungen, Illiquidität und Handelsbarrieren und Wechselkurskontrollen, werden die mit Schwellenländern verbundenen Risiken in Grenzländern verstärkt. Aktienkurse schwanken mitunter rasch und heftig. Das kann an Faktoren liegen, die einzelne Unternehmen, Branchen oder Sektoren betreffen, oder an den allgemeinen Marktbedingungen.
[1]Quelle: MSCI. Indizes werden nicht gemanagt. Es ist nicht möglich, direkt in einen Index zu investieren. Gebühren, Kosten oder Ausgabeaufschläge sind in den Indizes nicht berücksichtigt. Weitere Informationen zu Datenanbietern finden Sie unter www.franklintempletondataservices.com.
[2]Quelle: MSCI. Weltweite Marktkapitalisierung abgebildet durch den MSCI ACWI Index, einen globalen Aktienindex, in dem Industrie- und Schwellenländer enthalten sind. Indizes werden nicht gemanagt. Es ist nicht möglich, direkt in einen Index zu investieren. Gebühren, Kosten oder Ausgabeaufschläge sind in den Indizes nicht berücksichtigt. Weitere Informationen zu Datenanbietern finden Sie unter www.franklintempletondatasources.com.
[3] Ebd.
[4] Ebd. Stand: Januar 2017.
[5]Quelle: MSCI Annual Reclassification Review.
[6]Quelle: Weltbank, auf Basis von Schätzungen des Bruttonationaleinkommens (BNE) pro Kopf; Stand: Juli 2015. Als Volkswirtschaften mit hohem Einkommen gelten Länder mit einem BNE pro Kopf von 12.736 US-Dollar oder mehr.
[7]Quelle: Weltbank, Internationaler Währungsfonds; Zahlen auf Basis der Daten von 2015.
[8]Quelle: Internationaler Währungsfonds, World Economic Outlook, Update Januar 2017. Es gibt keine Garantie dafür, dass sich Schätzungen oder Prognosen bewahrheiten.