Investmentabenteuer in den Emerging Markets

Perspektive

Rückblick auf die Schwellenmärkte im zweiten Quartal 2017: Die Gewinnsträhne setzt sich fort

Die Templeton Emerging Markets Group deckt ein großes Anlageuniversum ab – Zehntausende von Unternehmen aus nahezu allen Kontinenten. Grundsätzlich sind wir Bottom-up-Anleger, doch wir behalten immer auch die größeren Zusammenhänge im Blick. In diesem Beitrag gebe ich einen Überblick des Teams darüber, was sich im Schwellenländeruniversum im zweiten Quartal des Jahres 2017 abgespielt hat; um das Geschehen in einen breiteren Kontext zu stellen, berichte ich dabei auch über einige Schlüsselereignisse, Meilensteine und Datenpunkte.

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Überblick 

  • Titel aus den Schwellenländern übertrafen ihre Pendants aus den Industrieländern im Juni im sechsten Monat in Folge. Der MSCI EM Index rentierte mit 1,1 %, während der MSCI World Index um 0,4 % zulegte.[1] Bezogen auf das gesamte Quartal legte der MSCI EM Index um 6,4 % zu, während der MSCI World Index um 4,2 % anstieg. Zu den Haupttreibern der Wertentwicklung bei den Schwellenländern gehörten positive Konjunkturdaten aus China, Kapitalzuflüsse und Wachstum der Unternehmensgewinne. 
  • Die Grenzmärkte übertrafen die Industrieländer und entwickelten sich parallel zu ihren Pendants aus den Schwellenländern. Der MSCI Frontier Index rückte, gemessen in US-Dollar, im Berichtsquartal 6,3 % vor.[2] Nigeria, Sri Lanka und Kenia verzeichneten mit die besten Ergebnisse unter den Grenzmärkten. Die mit niedrigen Bewertungen einhergehende Verbesserung der Devisenliquidität beflügelte die Aktienkurse in Nigeria. In Bahrain und im Oman gaben die Aktienkurse hingegen nach.
  • Trotz einer Rally Ende Juni gaben die Rohstoffpreise im zweiten Quartal nach. Die Spotpreise für Rohöl der Sorte West Texas Intermediate (WTI) gingen im Berichtsquartal um 9 % zurück.[3] Die Ölpreise stiegen Ende Juni jedoch so stark wie im gesamten Jahr 2017 nicht, nachdem die US-Produzenten ihre Bohrtätigkeit zu drosseln schienen und amtliche Daten einen deutlichen Rückgang der US-Kraftstoffvorräte zeigten, als die Sommernachfrage anzog. Die Preise für Eisenerz zogen im Juni an, nachdem sie in den Wochen zuvor aufgrund der strafferen Kreditbedingungen in China eingeknickt waren.
  • Schwellenländerwährungen werteten gegenüber dem US-Dollar leicht auf. Getragen von einem stärkeren Euro wurde das Feld von mitteleuropäischen Währungen wie der tschechischen Krone, dem ungarischen Forint und dem polnischen Zloty angeführt. Argentinischer Peso, chilenischer Peso und russischer Rubel werteten indessen ab. 

Länder-Updates und zentrale Entwicklungen

Asien schnitt im Berichtsquartal unter allen Regionen am besten ab, wobei die Aktienmärkte in China, Südkorea und Taiwan die Entwicklung anführten. Der MSCI Taiwan Index erreichte im Juni, [4]angetrieben von den Zuwächsen in den Sektoren Informationstechnologie (IT) und Finanzen, ein 17-Jahreshoch. Aufgrund ausländischer Investments und der Stärke von IT- und Gesundheitsunternehmen erreichte der südkoreanische Aktienmarkt im Juni einen neuen Rekordstand.

Auch in China war der IT-Sektor ein Haupttreiber der Wertentwicklung. Durch die Ankündigung des Indexanbieters MSCI, im kommenden Jahr A-Aktien (Aktien großer Unternehmen aus Festlandchina) in seine Indizes aufzunehmen, wurde die allgemeine Marktstimmung gestützt.

Als aktive Verwalter bilden wir den Index nicht nach. Wir finden in China bei Titeln mit Bezug auf die Sektoren Internet und Konsum weiterhin Wert. Die chinesische Regierung legt ihr Augenmerk weiterhin auf ihre „Internet Plus”-Initiative, bei der die IT eine wichtige Rolle als Motor der nächsten Stufe von Chinas Wirtschaftswachstum einnimmt. Im Konsumsektor bewerten wir den Automobilmarkt positiv, da der Durchdringungsgrad gegenüber Industrieländern nach wie vor ziemlich gering ist. Ein weiterer interessanter Bereich ist Unterhaltung. So erwarten wir beispielsweise in China und in Schwellenländern allgemein ein rasches Wachstum im Bereich Multiplexe und Kinos, ebenso wie bei anderen Vergnügungseinrichtungen.

Überdies hob die internationale Ratingagentur Standard & Poor’s die Kreditwürdigkeit Indonesiens auf Investment Grade an und folgte damit Moody’s and Fitch. Diese Meldungen gaben indonesischen Aktien Auftrieb.

Die generell enttäuschenden Unternehmensgewinne im ersten Quartal belasteten den thailändischen Aktienmarkt, während in Malaysia der Telekommunikations- und der Energiesektor schlecht abschnitten. Trotz der gemeldeten Zuwächse blieben die Aktienmärkte in Thailand, Malaysia und Indien im Vergleich zu anderen Ländern der Region zurück.

Schwierigkeiten bei der Einführung der einheitlichen Mehrwertsteuer und Gewinnmitnahmen kühlten den indischen Markt im Juni ab, der sich im bisherigen Jahresverlauf dennoch ziemlich robust zeigt. Die im Juni schwächeren Inflationsdaten ebnen den Weg für eine mögliche geldpolitische Lockerung durch die Zentralbank, und nach unserer Ansicht wird die Einführung der einheitlichen Mehrwertsteuer vielen Unternehmen zugutekommen. Auch wenn es in Indien nach wie vor einige bürokratische Hürden gibt, sehen wir das Potenzial des Landes und die Argumente für ein dortiges Investment positiv.

In Lateinamerika stärkten marktfreundliche Meldungen aus der Politik und Hinweise auf ein Ende der geldpolitischen Straffung in Mexiko das Vertrauen der Anleger. Positive Wachstumserwartungen trugen zu einer Outperformance in Peru bei. Die Entscheidung von MSCI, die Hochstufung Argentiniens auf Schwellenland-Status zu verschieben, führte im Juni zu einer Marktkorrektur, doch der MSCI Argentina Index schloss das Quartal im Plus. Indessen sorgten Gewinnmitnahmen am chilenischen Markt im Berichtsquartal für ein Minus.

Da die Anleger besorgt waren, dass die niedrigeren Ölpreise das Wachstum der Unternehmensgewinne für 2017 beeinträchtigen könnten, gehörte Russland in Osteuropa zu den schwächsten Märkten. Auch zusätzliche US-Sanktionen versetzten viele Anleger in Sorge. Die makroökonomischen Daten deuteten im Berichtsquartal jedoch auf eine Erholung hin, und das Bruttoinlandsprodukt (BIP) erhöhte sich nach zwei Jahren der Schrumpfung im ersten Halbjahr 2017 wieder. Aus Value-Perspektive erscheinen uns Titel aus den Sektoren Energie, Finanzen und IT nach wie vor attraktiv. Überdies bietet der Energiesektor nach unserer Ansicht in einem Umfeld mit niedrigen Ölpreisen Potenzial für eine gute Dividendenrendite, während Unternehmen aus den Sektoren Finanzen und IT mit attraktiven Wachstumsaussichten und relativ günstigen Bewertungen Zugang zur russischen Binnenwirtschaft bieten.

Die Türkei gehörte zu den Spitzenreitern der Region. Der Markt erhielt durch ein unerwartet hohes BIP-Wachstum im ersten Quartal, eine stärkere Lira und die Durchführung des Volksentscheids über umfassende Verfassungsänderungen Auftrieb. Ungarn, Polen und die Tschechische Republik verbuchten gestützt durch die Aufwertung ihrer Landeswährungen ebenfalls überdurchschnittliche Ergebnisse.

Für die MENA-Region kündigte MSCI an, die Hochstufung Saudi-Arabiens auf Schwellenland-Status zu prüfen (die Entscheidung soll im Juni 2018 bekanntgegeben werden). Dies könnte mehr Anlegerkapital ins Land locken. Diese Nachricht löste, eingehergehend mit der Ernennung von Prinz Muhammad bin Salman zum Kronprinzen, Ende Juni eine Kursrally bei saudischen Aktien aus. Der Aktienmarkt in Katar verzeichnete Verluste, nachdem sechs arabische Länder wegen angeblicher Unterstützung des Terrorismus die diplomatischen Beziehungen abgebrochen hatten.

Unser Ausblick

Nach unserer Ansicht bieten Schwellenländer im Vergleich zu Industrieländern nach wie vor ein besseres Wachstumspotenzial. Der langfristige Trend einer höheren Durchdringung des Konsumsektors und steigenden Wohlstands, der zu einem Wechsel hin zu exklusiveren Produkten und Dienstleistungen führt, dürfte für diese Märkte ein gutes Fundament darstellen.

Die wachsende Nachfrage der Verbraucher ist eine bedeutende Anlagethese in unseren Portfolios. Wir suchen nach Gelegenheiten in Bereichen mit Bezug zu Konsumgütern. Hierzu gehören nichtzyklische Konsumgüter, Einzelhandel und zyklische Konsumgüter (z. B. Automobile).  Überdies suchen wir nach Gelegenheiten im Dienstleistungssektor (z. B. Verbraucherkredite), in denen wir Unternehmen sehen, die nach unserer Ansicht hohe Wachstumsraten und nachhaltige Gewinne erzielen können.

Ein weiteres wichtiges Anlagethema ist Technologie. Viele Unternehmen aus Schwellenländern sind mittlerweile führend in der Entwicklung und Einführung von Technologie, und der Sektor IT übertraf die anderen Schwellenländersektoren im zweiten Quartal und im ersten Halbjahr 2017. Auch wenn wir die Kursgewinne einiger Internetaktien skeptisch beurteilen, bieten die Schwellenländer insgesamt durchaus weiterhin Anlagechancen. Unser Augenmerk liegt auf der Nachhaltigkeit von Gewinnen infolge von Innovation, dominanten Plattformen oder Technologie.

Neben Internetunternehmen, die von der Zunahme der Online-Transaktionen profitieren dürften, warten unseres Erachtens potenziell attraktive langfristige Anlagechancen in vielen anderen Bereichen. Hierzu zählen u. a.: Einkauf, zielgerichtete Werbung, Glücksspiel und andere Dienstleistungen, Graphikprozessoren für Datenzentren und Anwendungen aus dem Bereich künstliche Intelligenz sowie Vernetzung und integrierte Prozessorschaltungen für autonomes Fahren und Geräte im Zusammenhang mit dem „Internet der Dinge“.

Im Speichersegment wurde der Speicherinhalt von Smartphones erweitert, um die Leistung zu erhöhen, was zu einer stärkeren Nachfrage nach DRAM-Chips (DRAM = dynamischer Schreib-/Lesespeicher) beitrug und sich positiv in den Preisen niederschlug. Die Nachfrage von Datenzentren nach DRAM-Chips zieht ebenfalls an. Dies dürfte die Preise weiter stützen.

Bewertungen bleiben attraktiv

Ende Juni lag das nachlaufende Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des MSCI EM Index bei 14,9, das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) bei 1,7 und die Dividendenrendite bei 2,4 %. Der MSCI World Index wies indes ein KGV von 21,5, ein KBV von 2,3 und eine Dividendenrendite von 2,4 % auf.[5]

Nach unserer Einschätzung sind die Fundamentaldaten von Schwellenländeraktien nach wie vor attraktiv. Gegenüber manchen Entwicklungen, die generell von einem möglichen „Schwarzer Schwan“-Ereignis, d. h. einem größeren, unvorhersehbaren Schock, ausgehen könnten, sind wir jedoch zurückhaltend. In der Gruppe der Schwellenländer dominiert China sowohl als Markt als auch als Nachfragetreiber für viele Industrierohstoffe. Jede Verlangsamung in China und jede Abkehr vom strukturellen Anpassungsprozess könnte sich kurzfristig auf die Stimmung gegenüber den Schwellenländern als Ganzes auswirken.

Betrachtet man die Welt insgesamt, ist nach wie vor ein Ungleichgewicht zu erkennen. Viele Länder sind hoch verschuldet, und die Bedenken hinsichtlich dieser Tatsache und anderer makroökonomischer Faktoren könnten zu kurzfristiger Volatilität führen.

Die Kommentare, Meinungen und Analysen von Mark Mobius dienen nur zu Informationszwecken und sind nicht als persönliche Anlageberatung oder Empfehlung für bestimmte Wertpapiere oder Anlagestrategien anzusehen. Da die Märkte und die wirtschaftlichen Bedingungen schnellen Änderungen unterworfen sind, beziehen sich Kommentare, Meinungen und Analysen auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung und können sich ohne Ankündigung ändern. Dieses Dokument ist nicht als vollständige Analyse aller wesentlichen Fakten in Bezug auf ein Land, eine Region, einen Markt, eine Anlage oder eine Strategie gedacht.

 Wichtige Hinweise

Alle Anlagen beinhalten Risiken, auch den möglichen Verlust der Kapitalsumme. Anlagen in ausländischen Wertpapieren sind mit besonderen Risiken behaftet, darunter Währungsschwankungen sowie ungewisse wirtschaftliche und politische Entwicklungen. Anlagen in Schwellenländern, zu denen als Untergruppe auch die Grenzmärkte gehören, sind mit erhöhten Risiken in Bezug auf dieselben Faktoren verbunden. Hinzu kommen die durch ihre kleinere Größe, ihre geringere Liquidität und die nicht so fest gefügten rechtlichen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen zur Stützung der Wertpapiermärkte bedingten Gefahren. Da diese Rahmenbedingungen in Grenzländern in der Regel noch geringer ausgeprägt sind und diverse Faktoren vorliegen, wie gesteigertes Potenzial für extreme Preisschwankungen, Illiquidität und Handelsbarrieren und Wechselkurskontrollen, werden die mit Schwellenländern verbundenen Risiken in Grenzländern verstärkt. Aktienkurse schwanken mitunter rasch und heftig. Das kann an Faktoren liegen, die einzelne Unternehmen, Branchen oder Sektoren betreffen, oder an den allgemeinen Marktbedingungen.

[1] Auf Basis des MSCI Emerging Markets Index im Vergleich zum MSCI World Index, gemessen in US-Dollar. Der MSCI Emerging Markets Index umfasst Unternehmen mit hoher und mittlerer Kapitalisierung aus 23 Schwellenländern. Der MSCI World Index umfasst Unternehmen mit hoher und mittlerer Kapitalisierung aus 23 Industrieländern. Indizes werden nicht gemanagt. Es ist nicht möglich, direkt in einen Index zu investieren. Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist weder ein Indikator noch eine Garantie für die zukünftige Wertentwicklung.

[2] Der MSCI Frontier Markets Index umfasst Unternehmen mit hoher und mittlerer Marktkapitalisierung aus 30 Grenzmärkten. Indizes werden nicht gemanagt. Es ist nicht möglich, direkt in einen Index zu investieren. Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist weder ein Indikator noch eine Garantie für die zukünftige Wertentwicklung.

[3] Quelle: US Energy Information Administration (US-Behörde für Umweltdaten).

[4] Im MSCI Taiwan Index, der die Wertentwicklung des Large- und Mid-Cap-Segments des taiwanesischen Marktes messen soll, sind 89 Unternehmen gelistet. Indizes werden nicht gemanagt. Es ist nicht möglich, direkt in einen Index zu investieren. Gebühren, Kosten oder Ausgabeaufschläge sind in den Indizes nicht berücksichtigt. Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist weder ein Indikator noch eine Garantie für die zukünftige Wertentwicklung.

[5] Quelle: MSCI, Stand: 30. Juni 2017. Beim KGV einer Aktie wird der Aktienkurs mit dem Gewinn pro Aktie des Unternehmens verglichen. Das KGV für einen Index ergibt sich aus dem gewichteten Durchschnitt der Kurs-Gewinn-Verhältnisse der im Index enthaltenen Aktien. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) eines Unternehmens berechnet sich, indem der aktuelle Aktienkurs durch den Buchwert des Unternehmens (oder den Nettowert) je Aktie geteilt wird. In einem Index ist das KBV das gewichtete Mittel aller KBVs der Basiswerte des Index. Die Dividendenrendite wird berechnet, indem die jährliche Dividende je Aktie durch den aktuellen Kurs geteilt wird.

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