Investmentabenteuer in den Emerging Markets

Das Aktien-ABC der chinesischen Börsen

A-Aktien, B-Aktien, H-Aktien. Für globale Investoren sind die amtlichen Aktiennotierungen Chinas gelegentlich verwirrend. Oft werde ich gefragt, was ich von einer bestimmten Börse in China halte. Warum eine die andere überflügelt und in welche man investieren sollte. Ich kann Ihnen nicht sagen, in was Sie investieren sollten, aber ich kann Ihnen etwas Informationen geben, die Ihnen hoffentlich die Entscheidung, was für Sie Sinn macht, erleichtert.

Das Aktien-ABC

In der Volksrepublik amtlich notierte Unternehmen unterteilen sich in drei Hauptkategorien: „A“-Aktien, „B“-Aktien, „H“-Aktien.

A-Aktien lauten auf Renminbi und sind von lokalen chinesischen Unternehmen. Sie werden in erster Linie zwischen lokalen Investoren an den Börsen Schanghai und Shenzhen gehandelt. Die qualifizierten ausländischen institutionellen Investoren (Qualified Foreign Institutional Investors – QFII), die von der chinesischen Regierung eine Sondergenehmigung erhalten haben, können ebenfalls an diesen Börsen handeln.

B-Aktien repräsentieren chinesische Unternehmen mit einem Nennwert, der auf Renminbi lautet, aber zum Handel für internationale Anleger an den Börsen von Schanghai in US-Dollar und in Shenzhen in Hongkongdollar notiert werden. Investoren des chinesischen Festlands können ebenfalls in B-Aktien mit gesetzlichen Auslandswährungskonten handeln.

H-Aktien repräsentieren chinesische Unternehmen, die durch chinesisches Gesetz reguliert werden, aber von jedem frei gehandelt werden können. H-Aktien werden in Hongkong in Hongkongdollar notiert – daher das „H“.

Einige Investoren bezeichnen auch Unternehmen, die  ihren Sitz nicht unbedingt in China, sondern dort ihr Stammgeschäft haben, als L-Aktien (die an der Londoner Börse gehandelt werden) bzw. als N-Aktien, die an der New Yorker Börse, NASDAQ oder der American Stock Exhange gehandelt werden.

„Red Chips“ repräsentieren in Hongkong eingetragene Unternehmen, aber die sich geschäftlich primär auf das chinesische Festland konzentrieren.

Zu den sonstigen Anlagemöglichkeiten gehören Dim-Sum-Anleihen (in Hongkong emittierte Renminbi-Anleihen), RQFII (ein neues Programm, laut dem chinesische Manager in Wertpapiere des Festlands investieren, wobei der Renminbi in Hongkong aufgenommen wird) sowie RMB-Anleiheprodukte, um nur einige zu nennen.

 

Unterschiede in der Wertentwicklung

Es gibt verschiedene Gründe für Unterschiede der Wertentwicklung an diesen Börsen. Bei den im Ausland notierten chinesischen Unternehmen war die Spanne der risikoadjustierten Renditen bemerkenswert groß. Die Unternehmensführung in einigen in den USA notierten Unternehmen war recht schlecht. In Hongkong notierte chinesische H- bzw. Red-Chip-Aktien haben generell aufgrund des strengeren aufsichtsrechtlichen Rahmenwerks eine bessere Gouvernanz. Da Hongkong ein Fenster zum chinesischen Festland ist, notieren chinesische Behörden dort generell solche Titel, die sie für die „besten“ Anlagen halten. Dies sind gewöhnlich Staatsbetriebe mit vorherrschenden Positionen in Schlüsselindustrien, wie zum Beispiel Telekommunikation und Transportwesen. Wir meinen, diese werden von der chinesischen Aufsichtsbehörde als die besser geführten angesehen.

Der Markt für chinesische A-Aktien war bezüglich des IPO-Systems nicht völlig objektiv, denn was Investoren bzw. Analysten für die „besten“ Unternehmen halten, wurde dort nicht unbedingt notiert. Aus diesem Grund halten wir es für so wichtig, gründliche Recherchen der breit gefassten Notierungen von Unternehmen durchzuführen und sie dann sorgfältig zu überprüfen. Investoren müssen insbesondere im Markt für A-Aktien das politische Risiko in China erkennen. Der Kapitalmarkt des Landes ist noch nicht vollständig entwickelt und die aufsichtsrechtlichen Standards hinken hinter denen der führenden Börsen von Hongkong und Singapur her.

Wir geben zu, die Wertentwicklung der A-Aktien war in diesem Jahr für viele Investoren aus verschiedenen Gründen enttäuschend. Die chinesischen Investoren verloren das Vertrauen in die Börsen und ein Übermaß an chinesischen IPO (inklusive der raschen Anmeldung der chinesischen Notierungen an amerikanischen Börsen, vor allem 2010-2011) dämpfte den Handel auf den Sekundärmärkten. Die Beschränkungen der Auslandsinvestitionen haben ebenso zu gewissen

Liquiditätsungleichgewichten geführt. Mittlerweile erlaubt die Regierung mehr Investoren, sich zu engagieren. Wir finden das ermutigend, aber die Beträge sind nach wie vor gering und die Reform wird einige Zeit in Anspruch nehmen.

Damit der Handel in A-Aktien für alle Investoren attraktiver wird, sollten die chinesischen Aufsichtsbehörden gewährleisten, dass die Bestimmungen für alle Parteien fair und angemessen sind. Unserer Einschätzung nach sollte die aufsichtsrechtliche Überwachung und Durchführung ausreichend sein, um zu gewährleisten, dass Unternehmen die Vorschriften der amtlichen Notierung und die Bestimmungen der Corporate Governance erfüllen und gegenüber Minderheitsaktionären fair sind. Vorschriften wie „Pflichtdividenden“, die die Entscheidungen der Geschäftsleitungen übergehen, können Qualitätsunternehmen von einer amtlichen Notierung abhalten.

 

Chancen und Risiken von A-Aktien

Trotz der nachlassenden Einflüsse haben viele Anleger den Eindruck, dass der Markt für A-Aktien teurer ist als der für H-Aktien. Das trifft gegebenenfalls zu, wenn man sich generell die Zahlen für den Markt ansieht, aber das kann irreführend sein, denn Large-Caps beherrschen die Börse der H-Aktien. Unsere Recherchen zeigen, dass das Aufgeld an der Börse der A-Aktien nicht so hoch ist, wie viele annehmen. Nach unserem Dafürhalten sind die Bewertungen vieler A-Aktien der Mid- bis Large-Caps – vor allem in den Sektoren Banken, Versicherungen, Baustoffe und Kfz – derzeit niedriger oder entsprechen zumindest denen der H-Aktien.

Nach Meinung unseres Teams bietet der Markt der A-Aktien momentan gute Kaufgelegenheiten. Im Verlauf einer beachtlichen Baisse in diesem Sommer rutschen die Bewertungen ziemlich ab. Wir haben nach günstigen Kaufchancen von Unternehmen gesucht, deren Qualität wir für gut einschätzen und die zu attraktiven Bewertungen im Verhältnis zu ihrem Sub­stanzwert gehandelt werden. Inner- und außerhalb Chinas tätige Konsumgüter-Unternehmen sowie breit gefächerte Ölgesellschaften sind für uns derzeit von großem Interesse. Auch die Sektoren Pharmazie und Biotechnologie werden von unserem Team bevorzugt, aber die derzeitigen Bewertungen halten wir noch für etwas zu hoch.

Darüber hinaus bietet der Markt für A-Aktien dem Anleger zahlreiche interessante Eigenschaften. Er verfügt über eine weitaus größere Anzahl von notierten Unternehmen als die anderen Märkte. Des Weiteren sind die Sektoren ausgeglichener und vielfältiger vertreten. Beispielsweise haben Investoren die Möglichkeit, sich in kleinere Unternehmen und Sektoren zu engagieren, die über Red Chips oder H-Aktien – wie Tourismus, chinesische Pharmazie (traditionelle Medizin) oder Spirituosen – nicht zur Verfügung stehen.

Ich meine wie bereits gesagt, dass China an einem kräftigen langfristigen Wirtschaftswachstum festhalten kann (selbst wenn das Niveau unter die zweistelligen Wachstumsraten der vergangenen Jahre fällt.) Ich glaube, es gibt Gründe, als Investor in den verschiedenen Märkten optimistisch zu sein. China wächst vielleicht nicht mehr so schnell, aber es wird langsam unabhängig von Exporten und es investiert in künftiges Wachstum. Investoren sollten sich über diese Entwicklung freuen.

Der alle zehn Jahre stattfindende Regierungswechsel, der in den nächsten Monaten bevorsteht, bringt für die Märkte etwas Ungewissheit. Wir sind jedoch der Auffassung, dass der Strukturwandel und die Marktreformen, die in Angriff genommen worden sind, zu einem ausgeglicheneren Wachstumsmodell führen sollten. Und die Volksrepublik und ihre Bevölkerung werden weiterhin ihren Einfluss in der Weltwirtschaft ausbauen.