Seit über einem Jahrzehnt hat Chinas Währung, der Renminbi (RMB), den Weg der Aufwertung eingeschlagen. Doch eine gewisse Abschwächung in diesem Jahr ließ wieder Stimmen aufkommen, ob er gegenüber anderen Weltwährungen angemessen bewertet sei. Wir sind als globale Investoren konstant mit Devisenkursschwankungen konfrontiert. Für uns ist das ein wichtiger Faktor, wenn wir Anlageentscheidungen treffen, denn Währungsbewegungen wirken sich auf die Gewinne und Operationen von Unternehmen aus. Im Auf und Ab der Währungen gibt es selbstverständlich Gewinner und Verlierer. Exportorientierte Unternehmen florieren bei einer schwächeren Landeswährung, indes dürften inlandsorientierte Betriebe Schwierigkeiten haben. China, eines der weltweiten Exportmächte, hat seine Währung streng überwacht, um seine Anlagen und Handelsposition auszubauen. Doch der Beginn einer Lockerung dieser Kontrolle ist festzustellen.
Namen und Orte
Die Währungsdynamik kann abstrus sein, und die unterschiedlichen Namen der chinesischen Währungen RMB, CNY und CNH sind genauso verwirrend. Hier die Erklärung: Die Volksrepublik China benannte 1949 ihre offizielle Währung „Renminbi“. „Yuan“ ist eine Einheit des Renminbi und wird abhängig davon, ob sie im Land (Onshore) oder im Ausland (Offshore) verwendet wird, wie folgt bezeichnet. CNY bezieht sich auf den Onshore-RMB in China (daher „Y“), CNH gilt dagegen für den RMB im Ausland, also außerhalb Chinas, vorwiegend für Hongkong (daher das „H“). Diese effektive Trennung zwischen Onshore- und Offshore-RMB-Märkten führt häufig zu unterschiedlichen Nachfrage- und Angebotsfaktoren für CNY und CNH.
Ebenso wichtig anzumerken ist die Bedeutung des Namens Renminbi: Volkswährung. Die Kurzbezeichnung für RMB oder Yuan in China lautet „kuai“ (was Stück bedeutet). Wird das Wort mit einem anderen Ton ausgesprochen, denn Töne sind im Chinesischen zur Unterscheidung der Bedeutung maßgeblich, kann „kuai“ auch schnell bedeuten. Mittlerweile hat es den Anschein, dass der Druck auf die Konvertierbarkeit des RMB zunimmt, selbst wenn die Zentralbank der Volksrepublik (die Chinesische Volksbank) andeutete, sie bevorzuge eine langsame Vorgehensweise im Zuge einer längeren Transformation. China ist die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, und wenn sie dazu ausersehen ist, die größte zu werden – was ich denke – muss diese Größe der führenden Stellung der Währung entsprechen.
Zum Abbau der Abhängigkeit vom US-Dollar und um im Währungskorb des Internationalen Währungsfonds aufgenommen zu werden, erklärte die chinesische Regierung, der RMB werde 2015 auf der internationalen Bühne voll konvertierbar sein. Einige Beobachter halten das angesichts der weltweiten Wirtschaftsentwicklung für etwas zu ehrgeizig. Im internationalen Handel und Investment setzt die Volksrepublik den RMB jedoch vermehrt ein.
Der erste Renminbi-Interbankenmarkt außerhalb des Festlands China befand sich in Hongkong, weshalb dieser Standort als Offshore-RMB-Zentrum bekannt ist. Die dort angesiedelten Banken wurden ermutigt, eingeschränkte auf Yuan lautende Finanzdienste und -produkte anzubieten, darunter auch die sogenannten „Dim-Sum“-Anleihen. Man könnte sie als einen Schritt zu einer breiteren Konvertierbarkeit der Währung ansehen. Der Offshore-RMB-Handel ist auch in Macao zugelassen und wird dort reguliert. Ende August kündigte die Chinesische Volksbank die Errichtung einer RMB-Clearing-Bank in Taiwan an. Die Schaffung neuer Offshore-Zentren hat für geraume Zeit einen wichtigen politischen Fokus gebildet. Es wird spekuliert, ob London, Dubai und Singapur potenzielle Standorte für Offshore-RMB-Märkte sein könnten.
Währungsbewertung
Unser Research zeigt, dass der RMB derzeit gegenüber dem US-Dollar leicht unterbewertet ist. Im vergangenen Monat kam es zu einer Erholung. Nicht zu übersehen sind die zweistelligen Wachstumszahlen in den vergangenen drei Jahrzehnten, während das Wachstum der Handelspartner niedriger war. Der Wertzuwachs des RMB betrug in den letzten 18 Jahren schätzungsweise 30%. Für die Weltgemeinschaft scheint das nicht genug zu sein, denn die Volksrepublik hat die höchsten Devisenreserven (über $3 Bio. US-Dollar[1]). Zudem steigt der Leistungsbilanzüberschuss und die ausländischen Investitionen sind auf einem Rekordniveau.
Allem Anschein nach beunruhigt China der Wertanstieg seiner Währung, aber vielleicht kann man aus Japans Erfahrung lernen. Als ich vor 35 Jahren in Japan lebte, konnte ich 360 Yen in einen US-Dollar umtauschen. 1973 wurde der Wechselkurs der Währung freigegeben und Jahrzehnte später beträgt der Kurs inzwischen ca. 78 Yen/USD. Japanische Exporteure waren wegen der Stärke der Währung besorgt und fürchteten um die Exportwettbewerbsfähigkeit, aber das war nicht der Fall. Japanische Unternehmen verbesserten Technologie und Qualität, und China macht heute nichts anderes. Um nun wirklich zu einer globalen Reservewährung aufzusteigen (und möglicherweise einige anschließende wirtschaftliche Fehltritte Japans zu vermeiden), sind weitere fundamentale und strukturelle Änderungen in der Volksrepublik nötig. Dazu gehört auch die Öffnung der Finanzmärkte.
Ich glaube, eines Tages könnte China die größte Volkswirtschaft sein. Ich halte es jedoch für unwahrscheinlich, dass China wegen der derzeitigen Währungsbeschränkungen des RMB in absehbarer Zeit den US-Dollar als Reservewährung der Welt überholt. Ich denke, es ist eine in weiter Ferne liegende Möglichkeit, die von einem freigegebenen Wechselkurs der Währung unterstützt würde. Das internationale Marktwachstum scheint kurzfristig wahrscheinlicher. Momentan setzt die Chinesische Volksbank den Referenzkurs der Währung fest und schränkt die Gewinne und Verluste auf einen bestimmten täglichen Prozentsatz vom Niveau des Referenzsatzes ein. Der Währung den freien Lauf zu geben, könnte den Rekordstand der Devisenreserven zu ihrer Verteidigung stark fallen lassen. Meiner Ansicht nach ist das eine weitere wichtige Transformation in einer Volkswirtschaft, die viele strukturelle Änderungen beim Hinarbeiten auf das Ziel vollzieht, als Weltführer eine solide Zukunft zu haben.